Vorträge zum Europatag
Am 9. Mai ist Europatag. Es ist der Tag der historischen Schuman-Erklärung: Am 9.Mai 1950 hielt der damalige französische Außenminister Robert Schuman in Paris eine Rede, in der er seine Vision einer neuen Art der politischen Zusammenarbeit in Europa vorstellte, die zur bislang längsten Friedensepoche in Europa geführt hat.
Das Willibald-Gymnasium nahm diesen Gedenktag bereits im Vorgriff zum Anlass für eine intensive Beschäftigung mit der Europäischen Union. Die enge Nachbarschaft und die mittlerweile bestens etablierten Verbindungen des Willibald-Gymnasiums zur Katholischen Universität Eichstätt boten einmal mehr die Möglichkeit, wissenschaftliche Vertiefung aus erster Hand zu erfahren. Mit dem „Euro“ und dem „Brexit“ standen dabei zwei Themen auf der Agenda, die in der Öffentlichkeit stets kontrovers und nicht selten emotional diskutiert werden. Mit Frank Zschaler, Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte und Stefan Schieren, Professor für Politikwissenschaft, standen zwei ausgewiesene Experten den Schülerinnen und Schülern Rede und Antwort.
Prof. Dr. Frank Zschaler referierte über den Euro und sprach in seinem Vortrag „Chancen, Perspektiven und Probleme eines europäischen Projekts“ zunächst verbreitete Ängste und Vorbehalte bezüglich der Gemeinschaftswährung an. Mittels langfristig angelegter Statistiken und Grafiken erarbeitete Zschaler gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern, dass – entgegen der „gefühlten“ Wahrheit – die Geldwertstabilität des Euro langfristig hoch ist, von einer Geldentwertung also keine Rede sein kann. Die Stabilität des Euros zeige sich unter anderem im Vergleich zu anderen Leitwährungen der Weltwirtschaft und insbesondere im ungebrochenen Vertrauen zum Euro als wichtige Weltreservewährung. Die vielbeschworene „Euro-Krise“ sei daher eher als Krise der Institutionen zu sehen. Der Euro sei eine unabdingbare Voraussetzung für die europäische Wettbewerbsfähigkeit, allerdings setze dies auch voraus, dass sich die handelnden Menschen an die vereinbarten Regeln halten. Im weiteren Verlauf seines Vortrags gab Frank Zschaler einen Einblick in die Grundlagen der Geldpolitik und erklärte knapp das Zustandekommen der Währungsunion. Abschließend richtete er den Blick auf aktuelle Konflikte – etwa in Spanien oder Italien – und auf die Zukunft Europas und des Euros.
Professor Zschaler zeigte sich erfreut über das Interesse und die Mitarbeit der Schülerinnen und Schüler und bot ihnen – angesichts des nahenden Endes der Veranstaltung – an, ihn bei weiteren Fragen in seiner Sprechstunde an der Universität zu besuchen.
Über den "Brexit" referierte Prof. Dr. Stefan Schieren. Der Brexit, so Schieren, sei ganz wesentlich auf die Unvereinbarkeit der Vorstellung über Politik und Staat in der EU und im Vereinigten Königreich zurückzuführen. Darüber hinaus habe eine völlig uneinheitliche Allianz aus Globalisierungsgegnern auf der einen und radikalen Freihändlern und Empire-Nostalgikern auf der anderen Seite dem Leave-Lager so viel Auftrieb gegeben, dass es angesichts der europäischen Flüchtlingskrise die Mehrheit erringen konnte. Die Auswirkungen auf die EU seien nicht abzuschätzen. Umso wichtiger sei es, bei den Wahlen die EU und die EU-freundlichen Parteien zu stärken. Denn nur das geeinte Europa werde sich in der Triaden-Konkurrenz mit China und den USA behaupten können.
Anhand aussagekräftiger Zitate und kurzer Textquellen erarbeitete Schieren mit den Schülerinnen und Schülern die wesentlichen Punkte seines Vortrags. In der anschließenden Diskussion zeigte sich das Interesse der Schülerinnen und Schüler an diesem komplexen Thema, so wurden hier noch ausführlich die Möglichkeit (und das Risiko) eines zweiten Referendum, die Probleme der irischen Grenze und des „Backstops“ oder schlicht die Frage geklärt, weshalb die Briten eigentlich mehrheitlich für „Leave“ gestimmt hatten.
Es zeigt sich, dass das Thema „Europa“ für die Jugendlichen eine große Relevanz besitzt. Die exemplarische Vertiefung des Lehrplans im Hörsaal wirkt dabei motivierend und sorgt für ein noch besseres Verständnis der aktuellen Diskussion, so dass die Schülerinnen und Schüler bereichert und angeregt in die Schule zurückkehrten.