„Fürchtet euch nicht“ - Vorbereitungen auf die Abschlussprüfungen

Am Willibald-Gymnasium laufen die Vorbereitungen auf die Abschlussprüfungen / 55 Schüler treten an

Die erste Mathematikaufgabe des diesjährigen Abiturs haben nicht die Schüler zu lösen, sondern eine Lehrerin: Oberstufenkoordinatorin Ulrike Laumeyer ist derzeit damit beschäftigt, wie sie die Schülerinnen und Schüler im Hinblick auf die Abstandsregeln am besten in der Schulturnhalle verteilt. Dabei hat sie wahrlich ein Luxusproblem, denn für die 55 Schüler steht die gesamte Dreifachturnhalle zur Verfügung.

„Damit können wir mehrfach den gesetzlichen Mindestabstand ohne Probleme einhalten“, sagt Laumeyer. Und dank des hohen Raumes und einer guten Durchlüftung kann man am WG das Infektionsrisiko wirklich auf ein Minimum reduzieren. Letztendlich geht’s also nur darum auszurechnen, wie viele Schüler am besten in einer Reihe sitzen sollen.

Damit ist für Laumeyer immerhin das Platzproblem gelöst. Doch die Coronasituation erfordert auch anderen Bereichen Anpassungen im Vergleich zu konventionellen Abiturprüfungen: Die Schüler müssen während der gesamten Prüfungszeit Masken tragen – lediglich für Essens- und Trinkpausen ist eine Abnahme der Masken gestattet. Die Dauer der Prüfungen ist daher auch so lange wie nie: Das Deutschabitur etwa beginnt um 8 Uhr und dauert bis 13.45 Uhr. Zudem kann die derzeitige Coronasituation für die Abiturprüfungen aber auch durchaus kuriose Konstellationen hervorbringen: Schulleiter Claus Schredl ist mittlerweile schon einer Meister darin, Wortneuschöpfungen zu interpretieren: Corona hat unseren Wortschatz ohnehin schon stark geprägt und erweitert  - so wissen schon gewiefte Grundschüler, was man unter Inzidenz und Reproduktionszahl versteht, und auch eine „Einkaufswagenpflicht“ wäre wohl den meisten von uns bis vor zwei Jahren eher in einem Regelwerk für Supermarktbesitzer als für Einkaufende gesucht worden. Denn über Schredl schwebt zum Beispiel der „Quarantäneunterbrecher“ als verbales Damoklesschwert: Zwar hat es dieses Wort noch nicht in den Duden geschafft, aber in die Schreiben des Kultusministeriums, das aber auch gleich für Aufklärung sorgt. Will heißen: Schüler, die sich in Quarantäne befinden, dürfen an den Prüfungen teilnehmen, müssen aber in eigenen Räumen untergebracht werden. Das heißt für die Schulleitung: Es müssen zusätzliche Räume bereitgestellt werden, zusätzliche Lehrer für die Aufsicht abgestellt werden. Doch bei aller Flexibilität ist das Ministerium in einem Punkt klar: Infizierte Schüler dürfen nicht an den Prüfungen teilnehmen.

Für die Umsetzung dieser Regeln ist Oberstufenkoordinatorin Ulrike Laumeyer gemeinsam mit ihrem Kollegen Ferdinand Winhard zuständig: „Viele Regelungen, Vorgaben aus München, Abhängigkeit von den Inzidenzwerten, unerwartete Quarantänesituationen erfordern große Flexibilität und schnelle, situationsgebundene Lösungen. Aber wir versuchen das Bestmögliche daraus zu machen, denn es geht hier um die jungen Menschen“, sagt Laumeyer

Auch auf die mündlichen Prüfungen wirft Corona seine Schatten und zwingt zu Vorüberlegungen: Was tun, wenn einer der beiden für die Prüfung notwendigen Lehrer in Quarantäne sitzt: Das Ministerium war in diesem Fall vorausschauend tätig und hat eine klare Regel erlassen: Wenigstens ein Lehrer muss beim Schüler in der Schule anwesend sein, der andere kann sich per Videokonferenz zuschalten – vor zwei Jahren eine unmögliche Konstellation jetzt, aber eine technisch mögliche und aus praktischer Sicht auch nachvollziehbare Tatsache. Der Schüler allerdings muss in der Schule anwesend sein – ein Abitur in Wohnzimmeratmosphäre ist nicht vorgesehen.

Doch Schulleiter Claus Schredl ist insgesamt zuversichtlich: „Wir werden das meistern. In den vergangenen Monaten sind wir immer besser darin geworden, Flexibilität zu zeigen.“ Außerdem wisse er aus zahlreichen Gesprächen mit Eltern und Schülern, dass die Vorbereitungen auf das Abitur unter den gegebenen Umständen gut gelaufen seien. „Die Versorgung der Schüler mit Material im Distanzunterricht und die Videokonferenzen haben gut funktioniert“, weiß der Schulleiter zu berichten. Daher bleibt ihm den Schülern nur noch zu raten: „Fürchtet euch nicht.“ Dem stimmt auch Jonathan Weber (Q12) zu: „Ich fühle mit gut auf die Prüfungen vorbereitet“. Die Lehrer hätten trotz der widrigen Umstände alles getan, um den Schülern den nötigen Stoff nahezubringen. Auch Josy Urban stimmt dem zu: „Ich habe ein gutes Gefühl für die Prüfungen.“

Am vergangenen Freitag wurden die Schüler zum letzten Mal über die wichtigsten Formalia bei den Prüfungen informiert – und anschließend nach Hause geschickt. Die Möglichkeit eines positiven Falls in der Schülerschaft soll auf ein Minimum reduziert werden, daher erhalten die Schüler die letzten Stunden im Distanzunterricht, bevor dann am kommenden Mittwoch die Prüfungen beginnen. Auf dem Programm steht Deutsch. Laumeyer ist hier hoffnungsfroh: „Unsere Abiturienten meisterten die schwierige Zeit in den vergangenen Monaten sehr verantwortungsbewusst und verständig. Sie haben die Reife längst gezeigt, die ihnen demnächst mit dem Abiturzeugnis attestiert wird. Und da bin ich zuversichtlich: Das Abitur wird klappen.“ Und wenn dann tatsächlich alles gut geht, werden die Schüler am 16. Juli wieder in der Turnhalle sein. Diesmal zur Überreichung der Abiturzeugnisse.

 

Eichstätt (gfs)

Abivorbereitung

Die Abiturprüfungen können beginnen: Der Mindestabstand von 1,5 Metern – hier durch eine Schwimmnudel gezeigt – ist in der großen Dreifachturnhalle mehr als doppelt. So können Oberstufenkoordinatorin Ulrike Laumeyer und Hausmeister Robert Göbel den Prüfungen gelassen entgegensehen. Foto: Graf